Das philosophische Wochenbuch

Ein Experiment in philosophischer Darstellung

Der philosophische Alltag besteht aus viel Nachdenken und Entwerfen von Konzepten. Aus den wenigsten Ideen, die dabei entstehen, wird allerdings je ein substanzielles Projekt. Oftmals muss man sich eingestehen, dass die Überlegungen zu vage und abstrakt sind, um etwas Konkretes daraus zu produzieren. Oder man merkt, dass die Probleme und Themen, die man sich vorgenommen hat, schlicht zu umfassend und zeitintensiv sind, um sie systematisch verfolgen könnten.

Selbst bei abgeschlossenen Projekten finden die wenigsten Ideen, die während des Prozesses hervortreten, Eingang in die abschliessende Darstellung. In vielen Fällen ist dies auch richtig, da durchaus Gründe vorhanden sind, gewisse Überlegungen zu verwerfen. Doch manchmal gehen dabei auch Gedanken verloren, die es Wert gewesen wären, weiter zu verfolgen.

Auch macht der Umstand, dass viele der kleinen Gedankenschritte am Ende eines philosophischen Projektes verschwunden sind, die philosophische Tätigkeit weniger nachvollziehbar für ein breiteres Publikum, da der Entstehungsprozess ihrer Werke im Dunkeln bleibt. Damit hängt vielleicht zu einem gewissen Teil die mancherorts geäusserte Vorstellung zusammen, philosophische Texte entstehen irgendwie aus dem Bauch heraus und es stünde eigentlich nicht viel Arbeit dahinter. Dagegen könnte die Philosophie vorgehen, indem sie verstärkt auch unvollständige Teilideen von Projekten – gesondert vom endgültigen Produkt – zugänglich macht.

Eine Offenlegung der Methode, wie dies in den empirischen Wissenschaften geschieht, scheint diesem Umstand allerdings nicht – oder nur begrenzt – entgegen zukommen: Minutiöse Protokolle wann, wer, was gedacht hat und welche Erfahrung dabei der Auslöser dafür war, scheinen nicht nur unhandlich, sonder würden wohl auch wenig zur Verbesserung der Zugänglichkeit des philosophischen Diskurses beitragen. Auch wenn sie vielleicht für Philosophiehistoriker:innen interessant wären.

Im alltäglichen Umgang mit Philosophie wäre ein weniger protokollarisch-methodisch gedachte Präsentation der verschiedenen Ideen, Motivationen, Teilkonzepte und Entwürfe, die während eines philosophischen Projektes entstehen, interessant. Dabei könnten die Geschichten und Hintergründe von Gedanken transparent gemacht und erzählt werden, um die Verbindung philosophischer Arbeit mit persönlichen, sozialen und alltagspolitischen Fragestellungen zu verdeutlichen.

„Das philosophische Wochenbuch“ möchte so etwas ausprobieren, indem in kurzen, tagebuchähnlichen Einträgen, der Prozess hinter philosophischen Projekten – für den Anfang solche, die hier auf dem Portal stattfinden – beleuchtet werden. Natürlich hat man auch in solch einem Format niemals die Möglichkeit, alle Ideen und Gedanken zu einem Projekt Raum zu geben. Das aber ist auch gar nicht der Anspruch. Es sollen vielmehr Mikro-Ideengeschichten entstehen, die die Verbindung von philosophischen Überlegungen und alltäglicher Lebenswelt hervorheben und dadurch die philosophische Arbeit nachvollziehbarer gestalten.

Den Anfang mache ich hier mit der Entstehungsgeschichte dieses Projektes.