Was machen Philosophinnen und Philosophen nach ihrem Studium? Absolventinnen und Absolventen erzählen:

Barbara Bleisch: Philosophin und Journalistin

Doch Philosophin zu sein, ist insofern auch ein Beruf, als jene, die Philosophie studiert haben, diese Studienrichtung und das darin Gelernte auch beruflich fortsetzen, vertiefen und anbieten können.

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    Barbara Bleisch, Philosophin und Journalistin


    Mit dem Beruf der Philosophin ist das so eine Sache: Wer sich als Philosophin bezeichnet, scheint weniger einen Beruf zu haben, als die Neigung, unter "bestirnten Himmeln", wie Kant geschrieben hat, bei einem Glas Wein über Gott und die Welt zu sinnieren. Doch Philosophin zu sein, ist insofern auch ein Beruf, als jene, die Philosophie studiert haben, diese Studienrichtung und das darin Gelernte auch beruflich fortsetzen, vertiefen und anbieten können. Allerdings muss der dazu gehörige Beruf, soll es nicht die Akademie sein, selbst erfunden werden - eine Stellenausschreibung, bei der ein Philosoph gesucht worden wäre, ist mir noch nie begegnet.

    Ich bin der Philosophie einerseits in Forschung und Lehre treu geblieben: Nach meiner Dissertation am Ethik-Zentrum der Universität Zürich, arbeite ich an einer Habilitation und an wissenschaftlichen Aufsätzen, lehre vor allem in universitären Weiterbildungsstudiengängen Ethik und halte Vorträge zu Fragen der praktischen Philosophie. Andrerseits hat mich seit meinen ersten Studienjahren auch die publizistische Umsetzung der Philosophie interessiert. So habe ich mir mein Studium im Wesentlichen mit Journalismus verdient, habe während vielen Jahren für die NZZ aber zuweilen auch für den Tages-Anzeiger, die Annabelle, die WOZ geschrieben. Um das journalistische Handwerk zu erlernen, habe ich auch tagesaktuelle und politische Themen beackert. Ich schreibe gern, und der Zeitdruck, unter dem ich als Journalistin zuweilen einen Text produzieren musste, hat mich nicht belastet, sondern beflügelt: Aus einem ganz konzentrierten Moment heraus etwas erschaffen im Wissen darum, dass der Text, den ich schreibe, seine Leserschaft finden wird, empfand ich als herausfordernd und reizvoll zugleich. Aber auch das wissenschaftliche Schreiben, dem stets ein langer, zuweilen schweißtreibender und auslaugender Denkprozess vorangeht, möchte ich nicht missen. Ich empfinde es als großes Privileg, mir Zeit nehmen zu können und dafür bezahlt zu werden, philosophischen Fragen nachzugehen, diese mit anderen zu diskutieren und an Lösungsvorschlägen zu arbeiten. In der "Sternstunde Philosophie" bei Schweizer Radio und Fernsehen wiederum kann ich die Philosophie und den Journalismus kombinieren, was ich als bereichernd und erfrischend empfinde. Dort finde ich auch jene Teamarbeit, die ich an der Universität zuweilen vermisse. Die Kombination aus wissenschaftlicher Tätigkeit, publizistischen Projekten und journalistischem Engagement sind mein Beruf, für den es keinen Namen gibt, der mir aber hervorragend gefällt.