PGZ - Vortragsreihe 2022

Feministische Philosophie

Feministische Philosophie untersucht Geschlecht in seinen zahlreichen Wirkungsformen. Sie fragt danach, was Geschlecht ist und wie  geschlechterspezifische Verhältnisse unsere Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsweisen beeinflussen. Philosophie ist auch dann feministisch,  wenn sie bestehende philosophische Positionen aus einer feministischen Perspektive untersucht. Wie prägt unser  Denken über Geschlecht unsere Vorstellungen von Wissen, Wahrheit, Logik oder moralischem Handeln? So fragt sie  zum Beispiel danach, inwiefern geschlechterstereotypische Ideen den philosophischen Kanon geprägt haben. Indem sie diese Fragen formuliert, stellt sie  nicht zuletzt das Selbstverständnis der Philosophie, eine universale und objektive Wissenschaft zu sein, auf den Prüfstand. Und Feministische Philosophie verfolgt feministische Ziele, indem sie philosophische Theorien und Werkzeuge benutzt, um gesellschaftliche Macht- und Unterdrückungsverhältnisse zu analysieren  und zu beeinflussen. Die aktuelle Reihe der Philosophischen Gesellschaft bietet Einblicke in die feministische Philosophie  und lädt zum Nach- und Weiterdenken ein.

Alle Vorträge finden an der Universität Luzern, Raum 3.A05 statt und beginnen um 19.15 Uhr.

Zum Jahresprogramm 2022


Gleichheit und Differenz: Sich in einem Problemfeld verfangen
Mittwoch, 12. Oktober 2022
Katrin Wille, Universität Luzern

Wer über die Gleichheit der Menschen und ihre Verschiedenheit nachdenkt, verfängt sich sofort in einem Problemfeld. Wie können Menschen Verschiedenheit entwickeln und ausleben und gleich behandelt werden? In der Geschichte der Philosophie sind spitzfindige Argumentationen entwickelt worden, um aufgrund bestimmter Verschiedenheiten wie der des Geschlechts den Anspruch auf Gleichbehandlung und Gleichberechtigung einzuschränken. Derartige Argumentationen haben höchst reale Konsequenzen gehabt, die die in vielfältigen Praktiken, Gewohnheiten und Selbstverhältnissen fortwirken. Ich möchte im Vortrag zeigen, dass unsere gegenwärtige gesellschaftliche Situation in Europa durch drei verschiedene Geschlechterlogiken geprägt ist, die sich historisch entwickelt haben und die sich teilweise überlagern, teilweise gegeneinander wirken. Darin werden Gleichheit und Verschiedenheit je anders konstelliert. Diese Analyse hat erhebliche Konsequenzen für feministische Kritik, die sich mehrperspektivisch und multidirektional dazu verhalten muss.



Feministische Sprachkritik - weshalb und wie? 
Mittwoch, 19. Oktober 2022
Deborah Mühlebach, FU Berlin

Wirken sprachliche Ausdrucksformen diskriminierend, sollten wir sie verändern. Doch wie sieht eine politische Sprachkritik aus, die der Komplexität sprachlicher Funktionsweisen gerecht wird? Ich werde zeigen, dass Sprachkritik dann sinnvoll ist, wenn wir sie als vielschichtige Sozialkritik am Sprachgebrauch vorbringen. Dabei sollten wir die Relevanz von Sprache für unsere gesellschaftlichen Verhältnisse weder unter- noch überschätzen.



My Body, my Choice!
Mittwoch, 26. Oktober 2022
Stephanie Deig, Universität Luzern

Diese Parole ist häufig im Zusammenhang mit feministischen Protesten gegen sexuelle Gewalt sowie gegen den Abbau des Rechts auf Abtreibung zu hören. Gleichzeitig kommt in diesem Motto ein Anspruch auf ein Recht zum Ausdruck: Ich habe das Recht zu bestimmen, was ich mit meinem Körper mache; ich habe das Recht zu wählen, ob ich abtreiben will, und ich habe das Recht zu wählen, mit wem ich sexuellen Kontakt pflege oder das Recht, diesen Kontakt jederzeit zu unterbinden. Auch wenn einige dieser Rechte in der Schweiz gesetzlich verankert sind, sind sie keineswegs garantiert und mehr denn je gefährdet. Deshalb fordern Feministinnen weiterhin diese Rechte ein - um die Gewalt, die stattfindet, sichtbar zu machen, um Zukunftsvisionen zu artikulieren und um Solidarität für politische Veränderungen zu schaffen. In diesem Vortrag wird ein besonderes Augenmerk auf die Performativität der Einforderung von Rechten innerhalb widerständiger, feministischer Praktiken gelegt. Zugleich werden die Grenzen dieser Praktiken innerhalb feministischer Bewegungen aufgezeigt.


Kleine Einführung in die feministische Ethik
Mittwoch, 2. November 2022
Fiona Wachberger, Universität Luzern

Abstract: Über zweitausend Jahre lang war Ethik primär eine Sache der Männer. Nicht nur wagen die relevanten Akteure fast ausschliesslich männlich, viele von ihnen waren zudem davon überzeugt, dass Frauen weder über Verstand noch Vernunft verfügen und auch nicht eigenständig zu urteilen vermögen. In der traditionellen Ethik kommen Frauen höchstens als Objekt, nicht aber als Subjekt ethischer Reflexion vor. Dieser Ausschluss der Frauen von der Moralphilosophie wird von der feministischen Ethik im Rahmen des herrschaftskritischen Ansatzes analysiert und kritisiert. Mit Fragen nach der Existenz einer "weiblichen Moral", nach geschlechtlicher Gleichheit und Differenz sowie nach dem Status der Frau bildet die feministische Ethik einen Kernbereich der feministischen Philosophie