Veganismus als Anti-Nihilismus

Ein Beitrag zum kaumtierlichen Superiorismus

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    Der notlose Wille nach Fleisch

    Für die industrielle Massentierhaltung gibt es keinen anderen Grund, als dass Menschen gerne und jederzeit Fleisch essen möchten. Das wichtigste Wort in diesem Satz ist »möchten«. Ich sage »möchten« und nicht »müssen«. Für den Fleischkonsum, den die Massentierhaltung ermöglicht – und vornehmlich darum geht es mir heute –, gibt es recht eigentlich keine Notwendigkeit: Massentierhaltung beantwortet keine Not, sie beantwortet ein Gelüst, einen Genusswillen, ein Haben-Wollen. Wir finden hier ein Gelüst, das zu befriedigen eine hübsche Sache ist, aber mitnichten eine existentielle Not. Massentierhaltung existiert aus einem notlosen Interesse heraus. Das ist eine merkwürdige Angelegenheit. Denn es findet sich wohl nur selten eine solche Spannung wieder, wie sie hier besteht: Zwischen der Notlosigkeit des Fleischwollens und der Notüberfülle, die die Befriedigung dieses Willens durch Massentierthaltung hervorbringt.

    Wir wollen einen zweiten Gedanken hinzuziehen: Wir können diesem notlosen Fleischwollen in industriellem Ausmaß nachgehen. Auch das mag trivial klingen, aber erneut liegt hier ein wichtiger Punkt: Wir können industriell töten. Das bedeutet einerseits: Wir haben all die technischen Vermögen und alles Weitere, was dazu nötig ist. Aber darum geht es uns hier nicht. In dieser Könnerschaft liegt nämlich noch ein Weiteres. Dieses Können kann nur praktische Wirklichkeit werden, wenn wir die Macht haben, dieses Mögliche wirklich werden zu lassen – das macht es ja erst zu einem Können im eigentlichen Sinne. In der Verwirklichung der Massentierhaltung reflektiert sich mithin Macht – Macht, die wir nachgerade absolutistisch ausüben.

    Wir sind nur deshalb in der Lage industriell zu töten, weil das Leben, das wir in unserer lebensverzehrenden Lebendigkeit nehmen wollen, diesem Ansinnen nichts, überhaupt nichts, entgegenzusetzen hat. Unserem notlosen Interesse, unserem Gelüst nach Fleisch qua Massenproduktion nachzukommen, hat das Lebensinteresse all derer, die von uns vom Leben zum Tod überführt werden, die von uns vom lebendigen Wesen zum toten Fleisch degradiert werden, nichts entgegenzusetzen.

    Die Macht, Massentierhaltung Wirklichkeit werden zu lassen, ist uns fraglos gegeben. Damit ist indes die Frage, ob die Verwirklichung dieser Möglichkeit rechtfertigbar ist, nicht beantwortet.

     

    Der normative Unterschied zwischen dem Kaumtier und dem Nurtier

    Häufig wird bei dem Versuch diese Machtverwirklichung zu rechtfertigen, auf einen Unterschied zwischen Mensch und Tier verwiesen.

    Der Mensch, das wird dabei kaum je bezweifelt, ist durchaus ein Tier. Aber, so scheint im Stillen mitgedacht, nur im geringsten Maße. Der Mensch wird als Kaumtier verstanden.

    Alles andere Lebendige, was nicht Kaumtier ist, alle anderen tierischen Lebewesen sind bloße Tier, Getier, alles nicht-kaumtierliche Leben ist Nurtier.

    Es geht der Feststellung eines Unterschieds zwischen Mensch und Tier nicht um eine deskriptive Bestimmung. Dieser Unterschied, das lässt allenthalben belegen, wird zuvörderst als ein normativer Unterschied begriffen: Der evidente, der empirische Unterschied von Nurtier und Kaumtier erscheint uns, dem Menschentier, seit ältester Zeit offenkundig, ja als derart gravierend, dass wir uns gestattet haben, aus der schlichten Faktizität unseres Andersseins und insbesondere aus unserm Machdispositiv einen höchst gefährlichen normativen Unterschied zu deduzieren, oder, wie ich polemisch sagen möchte: zu erfinden.

    Der Mensch ist nicht nur ein Tier wie andere Tiere, er ist kein Nurtier, er erscheint sich – das scheint eine noch immer weit verbreitete Überzeugung – in einem ganz vulgär-normativen Sinne als besser als alle anderen Tiere.

    Das Kaumtier Mensch ist allem anderen Getier gegenüber superior. Über sich kann er allenfalls einen Gott dulden, alle Kreatur aber findet er unter sich.

    Nur nebenbei wollen wir hier bemerken, dass das Kaumtier, so sehr es sich interspezifisch abgrenzt, intraspezifisch natürlich größten Wert auf Binnendifferenzierungen legt. Denken wir nur daran, dass es in kaum einem Land der Welt üblich ist, weibliche Kaumtiere in derselben Weise zu entlohnen wie männliche Kaumtiere. Doch wir müssen das hier beiseitelassen.

    Wenn das Kaumtier superior ist, dann ist das Nurtier konsequenterweise inferior1. Das bedeutet – erneut im vulgärsten normativen Sinne: Es ist weniger gut. Sein Leben ist weniger wichtig. Und plötzlich bedeutet es sogar: Sein Leben kann verbraucht werden. Aus dieser Inferiorität des Nurtieres scheint zu folgen, dass das nurtierliche Am-Leben-bleiben-Wollen der Fleischsucht des Kaumtieres unterzuordnen ist: Der Lebenswille des Nurtieres kann (das ist die Ebene der Faktizität) und dieser Wille darf (damit findet der wunderlich argumentationsfreie Übergang ins Normative statt) um Willen des kaumtierlichen Fleischgelüsts überwunden und niedergerungen werden.

     

    Folgen des menschlichen Superioritätsverständnisses: Vernichtung

    Hier ist zweierlei merkwürdig:

    (a) Die normativ-kreative Merkwürdigkeit

    Man darf sich nicht täuschen lassen: Die Evidenz der Unterschiedlichkeit von menschlichen und nicht-menschlichen Tieren, so klar sie am Tage liegen mag, ist nichts als eine Evidenz eben dieses Unterschieds, eben der Tatsache, dass das eine nicht wie das andere ist. Im Anderssein ist darüber, ob nun das eine wertvoller sei als das andere, gar nichts gesagt2. Es ist mit diesem Unterschied nicht einmal gesagt, dass ein Vergleich der Wertigkeit überhaupt vorgenommen werden kann.

    Wenn eines nicht ist wie ein anderes, dann ist damit – und das scheint in der westlichen Denktradition bis heute oft nicht bedacht – nicht der geringste Anlass gegeben, auch anzunehmen, dass eines von diesen beiden mehr oder weniger wert ist3.

    Die Normativität wird an die Evidenz der Differenz nachträglich herangetragen. Nachträglich wird eine der verglichenen Entitäten zur besseren, zu superioren, und unweigerlich die andere der beiden zur schlechteren, zur inferioren.

    Hier reflektiert sich menschliches Denken, eine erstaunliche creatio ex nihilo in Form eines kaumtierlichen Spezies-Imperialismus, der, wie mir scheint (oder zumindest soweit ich sehen kann), ein vornehmlich westliches Gepräge trägt.

    Der vermeintliche normative Unterschied ist ein anderer als der beobachtbare empirische Unterschied, er ist lediglich parallel gedacht: Von Mensch und Nicht-Mensch zu sprechen bedeutet eben nicht, im Gleichen von einem Besseren und einem Schlechteren zu sprechen. Das gilt dann, wenn wir Menschen diese Normativität zuvor in die verglichenen Entitäten hineinschreiben. Und das ist eben etwas – wir werden darauf zurückkommen –, das wir durchaus nicht tun müssen.

    Dass das Nurtier zum Nurtier degradiert wurde, ist eine originär menschliche Leistung. Sie ist in keiner Weise notwendig, sie kommt nicht naturgesetzlich hervor, sie ist nicht unvermeidlich. Wir wollen sagen: Diese Degradierung ist nicht faktizitär, sondern existential zu verstehen. Nichts hat uns je zu dieser Degradierung gezwungen: Wir haben uns dazu entschieden. Wir können auch anders. Das hat Sophokles im ersten Chorlied der Antigone wundervoll dargestellt:

    »Mit kluger Geschicklichkeit für

    die Kunst ohne Maßen begabt,

    kommt heut [der Mensch] auf Schlimmes, auf Edles morgen.«4

    Wir haben diese Degradierung des nichtmenschtierlichen Lebens in industrieller Massentötung als eine besondere Form der Verachtung von nichtmenschlichen Tieren höchst selbst in die Welt gebracht: Das ist unsere Schöpfung. Das ist ein von uns geschaffenes, ein von uns gewolltes existentiales factum5.

     

    Kommen wir zur zweiten Merkwürdigkeit.

    (b) Die suppressive Merkwürdigkeit

    Nehmen wir für den Moment einmal an, es gäbe den normativen Unterschied der Tiere tatsächlich, es gäbe also Kaumtiere und Nurtiere. Dann bleibt diese zweite Merkwürdigkeit, über die wir jetzt sprechen wollen, noch immer eine Merkwürdigkeit. Denn weshalb eigentlich führt die kaumtierliche normative Superiorität, die wir nun als Gedankenexperiment ausdrücklich annehmen wollen, dazu, das inferiore Leben in grausamer Dominanz zu beherrschen, dazu, in einem hypertrophen Absolutismus Leben und Sterben zu dekretieren und eine Nurtiertötungsindustrie zu installieren?

    Von der Superiorität führt kein notwendiger Weg zum, wie ich unter Zuhilfenahme eines von Melanie Joy geprägten Begriffs sagen möchte, karnistischen Absolutismus.6

     

    Der Nihilismus des superioren Kaumtiers

    Warum haben wir unsere Überlegenheit nicht vor allem anderen zur liebenden Hinwendung zum Inferioren genutzt, sondern stattdessen eine raubmordende Industrie erschaffen? Weshalb verhilft das Menschentier, das doch meint, das Höchste in der Welt zu sein, nicht dem niedrigen Nurtier auch in diese höchsten Höhen? Warum beugen wir Übertiere uns nicht nieder und verhelfen dem, das nur vegetiert, zum hohen Leben?

    Sollte es wirklich möglich sein, die industrielle Vernichtung von nichtmenschlichem Leben, die Metamorphose vom Leben zum Fleisch, zum Teil unserer kaumtierlichen Superioritätspraxis zu machen?

    Nun, es ist gewiss nicht auszuschließen, dass es Menschen gibt, denen das möglich ist. Es scheint Menschen zu geben, die das nichtmenschliche Tier aus der Massenproduktion ohne jede Irritation konsumieren können.

    Indes, ich vermute, dass dies für die meisten Menschen, die in sog. westlichen Zivilisation Massentierhaltungsfleisch konsumieren, nicht der Fall ist. Ich befürchte, hier finden wir eine andere, eine larvierte Erbärmlichkeit.

    Es ist, so mein bescheidener Eindruck bezogen aus dem eigenen Leben, aus Erzählungen, aus Dokumentation, der Fachliteratur, dass es eine erhebliche Anzahl von Menschen gibt, die das Rechtfertigungsproblem des industriellen Massentötens durchaus wahrnehmen. Und mehr noch: Das Problem wird nicht nur wahrgenommen, es wird als Problem anerkannt, es wird wahrhaftig als Problem verstanden. Es ist klar, was das Problem ist. Es ist, in Anbetracht der Schwere des Problems, verhältnismäßig klar, was die Lösung ist. Und doch ändern diese Menschen ihre Superioritätspraxis nicht.

     

    Verweigerung

    Es zeigt sich hier aufs Neue, dass die Vermutung der erkenntnisaristokratischen klassischen griechischen Philosophen, ethische Probleme seien recht eigentlich Erkenntnisprobleme, nicht zutrifft. Und das ist durchaus schon zu Platons und Aristoteles Zeiten beobachtet worden. In Euripides‘ Hippolytos hören wir Phaidra räsonieren:

     

    »Schon oft bedachte ich in langer Nacht,

    Was unser Menschendasein so verdirbt,

    Und ich erkannte: nicht der Unverstand

    Ist die Wurzel alles Übels – an der Einsicht fehlts

    Den meisten nicht, ganz anders liegt der Grund:

    Was recht ist, sehen wir und wissen wir

    Und tun es doch nicht, seis aus Lässigkeit,

    Seis, weil die Lust des schönen Augenblicks


    Das gute Werk verdrängt. Und schlimmste Übel sind:

    Das, ach, so allbeliebte müßige Geschwätz

    Und falsche Scham.«7

     

    Es ist »nicht der Unverstand […] die Wurzel alles Übels«. Diese Beobachtung des Euripides müssen wir ernst nehmen. Wir finden in der Fortsetzung der superioristischen Praxis, Fleisch aus Massentierhaltung zu konsumieren eben kein Problem der Erkenntnis. Die von uns dargestellten Merkwürdigkeiten werden als solche durchaus anerkannt.

    Allerdings wird ein erheblicher Aufwand betrieben, diese Erkenntnis nicht gegenwärtig zu halten, sie ganz zu vermeiden, sie nicht zu aktualisieren. Jedem Tierethiker dürfte das merkwürdige Phänomen bekannt sein, dass es unerhört viele Menschen gibt, die nicht wissen wollen, wie es um die Tiere in Massenproduktionsstätten bestellt ist. Und zwar, wie ich vermuten möchte, weil es irrwitziger Weise schon bekannt ist. Es geht nicht um die Vermeidung von neuem Wissen, sondern um das bemühte Vergessen-Wollen von längst Gewusstem. »Hör auf«, so habe ich, hat wahrscheinlich jeder Tierethiker, schon unendlich oft sagen hören, »hör auf zu erzählen, sonst kann ich kein Fleisch mehr essen… «

    Was für ein Satz!

    Was eigentlich heißt das? Es bedeutet, dass ein Mensch versucht, eine Erkenntnis und das dieser Erkenntnis nachlaufende Drängen, in Sinne dieser Erkenntnis praktisch zu werden, selbst wieder unerkannt, wieder ungewusst machen will. Mit diesem Anliegen will ein Mensch, der eine Grenze überschritten hat, die eben dieser Mensch, wie er selbst erkannt hat, nicht hätte überschreiten sollen – woher auch immer diese Erkenntnis stammt –, dennoch überschreitbar machen will, indem er sich zur Unerkenntnis, zur Nihilierung der schon vorliegenden Erkennntnis selbst zu zwingen versucht. Dieser Mensch will den Zwang, der doch aus ihm selbst herauskommt, nicht (mehr) kennen, nicht (mehr) begreifen: Das ist das tiefste Gegenteil, dass sich zum sapere aude finden lässt! Das ist wahrhaftige Anti-Aufklärung. Es wird versucht, das Begriffene und das aus dem Begriffenen den Menschen selbst unmittelbar ergreifende Tunwollen, zu annihilieren. Wir erkennen in diesem Satz einen Menschen, der verstanden hat, was zu tun ist, der aber, um das, was zu tun ist, nicht tun zu müssen, unverstehen will! Wir finden jemanden im Krieg mit dem eigenen Gewissen. Das ist eine Selbstverstümmelung des eigenen Denkens und des eigenen Herzens. Dieser Mensch, wenn ich es so polemisch sagen darf, missbraucht um willen eines notlos gewollten Snacks zwischen Frühstück und Mittagessen seinen höchst eigenen ethischen Impuls und fordert mich mit seinem Anliegen in die Komplizenschaft seiner Selbstverstümmelung, seines Nihilismus und der Aufrechterhaltung des industriellen Massenmords.

    Aber dieser Nihilismus, diese Gewalt gegen das eigene Denken und das eigene Herz verlangt mehr. Das Ganze funktioniert nur, wenn es eine Art stille, soziale Übereinkunft gibt, die relevanten Fakten zu nihilieren. Das zeigt sich in vielen Weisen: Die Tötungsindustrie macht sich unsichtbar, von bukolischen Idyllen schauen uns die Kühe auf den Fleischpackungen an. Eine Lüge, die nahezu jeder als Lüge begreift, die aber von einer unerhörten Menge von Menschen immer noch mit herzlicher Freude als Hilfsmittel verwendet wird, sich recht gut zu fühlen. Das ist Propaganda, die nahezu jeder als Propaganda erkennt, der sich aber doch so viele willig hingeben, um das tun zu können, was sie selbst recht eigentlich nicht tun wollen!

    Veganer*innen, das ist zumindest meine Beobachtung, werden häufig verächtlich gemacht als lästige Gutmenschen, die in naiver Dümmlichkeit glauben, sie könnten die Welt verschönern.

    Und das ist genau der Punkt, weswegen sich in so breiter Front und häufig mit solcher Aggression gegen Veganer*innen geäußert wird: In der Tat, Veganer*innen glauben wahrhaftig, dass wir das Leben ein bisschen besser für alle machen können. Und aus dieser Überzeugung heraus werden sie praktisch.

    Und was ist das für eine unerhörte Störung des stillen Gesellschaftsvertrags der Verachtung! Das ist eine empfindliche Störung bei der Arbeit daran, tun zu können, was man selbst nicht für richtig hält. Der Veganismus zeigt: Es ist möglich, nicht zu tun, was man nicht tun sollte. Wenn aber das der Fall ist, dann wird die bemühte Konstruktion der Selbstentschuldung plötzlich marode.

    Jeder vegan lebende Mensch kann eine das höchst eigene Gewissen belastende lebendige Gegenerfahrung werden, die das sich selbst verstümmelnde Kaumtier an die eigene Verlogenheit, an den Krieg gegen sich selbst, erinnert.

    Diese Verlogenheit, das muss noch einmal betont werden, ist nicht etwas, dass ich als Verlogenheit dechiffriere: Der Lügner oder die Lügnerin, über den wir hier sprechen, weiß selbst, dass er/sie lügt. Die Lüge ist als Lüge bekannt und als Lüge ist sie ein Problem. Und im Versuch, dem, der über das Leiden der nichtmenschlichen Tiere spricht, Einhalt zu gebieten, wird – durchaus aggressiv – dafür geworben, diese Lüge am Leben zu lassen, wird dafür geworben, die Unerkenntnis zu unterstützen. Und dies alles, um zu tun, was, nach Auffassung eben desselben Lügners/derselben Lügnerin, von vorneherein nicht getan werden sollte.

     

    Ein anderer Gesellschaftsvertrag

    Wir dürfen uns von diesen Widerständen nicht verängstigen lassen. Der Anti-Nihilismus des Veganismus zeigt, dass es möglich ist aus dem stillen Gesellschaftsvertrag der Verachtung auszuscheren, dass es möglich ist, zu tun, was wir für richtig halten. Wir müssen weiter daran arbeiten, den stillen Gesellschaftsvertrag der Verachtung zu verändern. Vielleicht könnten dies einige Sätze aus einem anderen Gesellschaftsvertrag sein:

     

    Wir wollen nicht grausam sein.

    Wir müssen nicht grausam sein.

    Wir sind nicht darauf festgelegt,

    der große Mörder in der Welt zu sein.

    Wir sind nicht gezwungen, zu erniedrigen,

    zu entwürdigen, zu vernichten.



    Wir wollen nicht gegen unser Herz und

    unsern Verstand arbeiten.

    Wir widerstehen dem karnistischen Absolutismus.



    Wir können Sorge tragen für das Leben um uns herum.

    Wir werden Sorge tragen für das Leben um uns herum.



    Wir werden einen Gesellschaftsvertrag schaffen,

    der alles Leben einschließt.

    Wir werden einen Gesellschaftsvertrag schaffen,

    der keinen Nutzen in der Verachtung findet.



    Wir müssen uns ändern.

    Wir können uns ändern.

    Wir ändern uns. Jetzt und hier.

     

    Literaturverzeichnis

    Freter, B. (2016): Wirklichkeit und existentiale Praxis. Vorarbeiten zu einer Phänomenologie der Normativität entwickelt an narrativen Texten der altgriechischen, neutestamentlichen, mittelhochdeutschen und klassischen deutschen Literatur. Berlin.

    Freter, B. (2017): Tolerance, Respect and Earnestness: An Examination of Material Difference and Formal Identity, Ewanlen. A Journal of Philosophical Inquiry 1, 10–16.

    Freter, B. (2018): White Supremacy in Eurowestern Epistemologies. On the West’s responsibility for its philosophical heritage, Synthesis Philosophica. Journal of the Croatian Philosophical Society 33, 237–249.

    Freter, B. (2019): Decolonization of the West, Desuperiorisation of Thought, and Elative Ethics. In: E. Imafidon, (Hrsg.), Handbook of African Philosophy of Difference. Cham.

    Euripides (1996): Hippolytos. In: Euripides: Ausgewählte Tragödien. Bd. 1. Zürich, 103–201.

    Joy, M. (2010): Why We Love Dogs, Eat Pigs, and Wear Cows: An Introduction to Carnism. San Francisco.

    Sophokles (1966): »Antigone«. In: Sophokles: »Tragödien und Fragmente«, E. Heimeran. München, 240–232.


    1 Siehe dazu auch Freter 2018; ders. 2019.

    2 Siehe dazu auch Freter 2017.

    3 Siehe die Bemerkungen zur elativen Ethik in Freter 2019.

    4 Sophokles 1966, v. 365–366.

    5 Siehe Freter 2016, 42–104.

    6 Siehe Joy 2010.

    7 Euripides 1996, v. 375–385 (Hervorhebung B.F.).