Der Roboter als Anderer

Es ist abzusehen, dass sehr viele von uns in nicht allzu ferner Zukunft mit autonomen Robotern – das heisst Robotern, die in höchstem Masse selbständig denken und handeln – in Kontakt kommen werden.

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    Die Chancen stehen gut, dass das zuerst in unserem Arbeitsumfeld der Fall sein wird, da in vielen Bereichen autonome Roboter Arbeiten schneller, zuverlässiger, und genauer erledigen können als dies menschenmöglich ist. Was diese Roboter zum autonomen Handeln befähigt, ist die Software auf deren Basis sie funktionieren, und die ihnen erlaubt in allerlei (auch unvorhergesehenen) Situationen Entscheidungen zu treffen und zu handeln. Solche Software ist heute typischerweise „selbst-lernend“, in dem Sinne, dass auch der Software-Ingenieur nicht vorhersehen kann, welche Handlungsweisen der Roboter lernt, und wie er sich in bestimmten Situationen verhalten wird.

    Wie haben wir uns nun gegenüber solchen autonomen Robotern aus moralischer Sicht zu verhalten? Ich denke, dass einer der wichtigsten Aspekte zur Beantwortung dieser Frage ist, dass wir solchen Robotern mit gewaltigem Unverständnis gegenüberstehen. Wir wissen nicht genau, wie sie „ticken“. (Das mag dann sogar oftmals daran liegen, dass ihre künstliche Intelligenz unserer eigenen überlegen sein wird.) Das Problem hierbei ist, dass sowohl die Menschheitsgeschichte als auch unser aktueller Umgang mit Tieren nichts Gutes erahnen lassen für Fälle, in denen wir Personen oder Wesen mit Unverständnis gegenüberstehen. Das gilt gerade dann, wenn wir (wie so oft geschehen) davon ausgehen, dass wir intelligenter sind als sie. Aufgrund des grossen Unverständnisses scheinen die naheliegenden Regeln des Umgangs auf Augenhöhe komplett ausser Kraft gesetzt zu sein.

    Emmanuel Levinas hat viel geschrieben zu der Frage, wie wir mit dem Anderen – der uns ein gänzlich Unverstandener ist – umzugehen haben. Er vertritt eine recht extreme Position: der Andere und seine Rechte und Bedürfnisse sind weit über unseren eigenen angeordnet. Wir dürfen dem Anderen gegenüber nichts. Der Andere darf uns gegenüber fast alles. Ist so eine Haltung auch für den Umgang mit den Anderen, die Roboter sind, angemessen? Auf den ersten Blick mag so eine Haltung des extremen Respekts kontraintuitiv erscheinen gegenüber Wesen, die wir schliesslich selbst erschaffen haben. Oder ist es gerade deshalb die richtige Haltung?

     

    Frage an die Leserschaft

    Um die Frage nach der Haltung gegenüber dem Anderen (Levinas) beantworten zu können, sollten wir uns erst darüber klar werden, was damit eigentlich gemeint ist. Was sind Ihrer Meinung nach die Rechte und was sind die Bedürfnisse eines Roboters?