Wie der Geist in die Natur passt – Mentaler Realismus nach Nagel

Fleck Lecture 2019 - Collegium Helveticum
Collegium Helveticum, Schmelzbergstrasse 25, 8006 Zürich
18:15 - 19:45

In Geist und Kosmos hat Thomas Nagel einen vieldiskutierten Vorschlag zur Auflösung der Spannung zwischen zwei Annahmen unterbreitet: (I.), dass das Universum fundamental geistlos ist und (II.), dass der mentale Realismus wahr ist. Allerdings akzeptiert er ebenso wie sein Kontrahent, der mentale Antirealist, die Auflage eines metaphysischen Monismus, der zufolge alles, was existiert, in einem einzigen Universum vorkom-men muss, sodass er in Konflikt mit den naturwissenschaftlichen An-nahmen zu geraten droht, die Annahme (I.) stützen.In meinem Vortrag werde ich gegen Nagel einen ontologischen Plu-ralismus entwickeln, der sich auf die Natur selbst bezieht. Dieser Posi-tion zufolge bildet die Natur keine geist- und bewusstlose Einheit, vor deren Hintergrund sich der Geist abhebt oder in die er sich aufzulösen hat. Vielmehr verhält es sich so, dass wir aus der unhintergehbaren Po-sition eines mentalen Realismus darauf schliessen müssen, wie die Na-tur beschaffen ist, wenn sie überhaupt erkennbar ist. Nagel – der diese Option ansatzweise in Betracht zieht – übersieht dabei, dass inzwischen eine Vielzahl von naturwissenschaftlich gestützten Varianten eines on-tologischen Pluralismus vorliegt, die erlaubt, die geistlosen Ebenen des Universums derart einzuschränken, dass sie unsere Selbsterkenntnis als geistige Lebewesen nicht prinzipiell gefährden. Die Philosophie des Geis-tes erweist sich somit als Ausgangspunkt jeder naturphilosophischen Untersuchung, die nicht in Konflikt mit ihrer eigenen Erkennbarkeit ge-raten möchte. Der Geist geniesst demnach ein naturphilosophisches ex-planatorisches Primat, das nachweisbar nicht mit unserem Wissen über die fundamental geistlosen Naturprozesse konfligiert.