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Einführung
Einführungstext von Sahra Styger
Im letzten halben Jahr haben wir gemeinsam Fragen über Fragen rund um das Thema "Mensch" gewälzt und eifrig diskutiert, sei es nun im Blog (siehe Beiträge unten), im philosophischen Themendossier "Mensch" oder an der Podiumsdiskussion "Menschliche Schönheit heute und morgen".
Allen voran schreitet die mächtige Frage Was ist der Mensch?, die als Titel gleich mehrmalig Beiträge mit verschiedensten Inhalten ziert. Also, was macht denn das Wesen des Menschen aus? Gibt es einen kleinsten menschlichen Kern in uns, auf den man zeigen und rufen kann: "Heureka, der Mensch ist da!"?
Macht uns unsere Sprachfähigkeit und dessen Gebrauch zum Menschen? Werden wir erst durch andere Menschen zum Mensch? Oder zeichnet uns eher unsere Schöngeistigkeit aus, die uns seit Menschengedenken antreibt, schöpferisch tätig zu sein?
Wie lässt sich denn nun dieser "Mensch" hinreichend beschreiben?
Ist der Mensch dasjenige Wesen, das nach Sinnhaftigkeit in seinem eigenen Leben strebt? Ist der Mensch dasjenige Ding, welches seinem Leben willentlich ein Ende setzen kann? Oder zeichnet es den Menschen am meisten aus, seine Vernunft und seinen Verstand zu gebrauchen? Heisst Menschsein, moralische Urteile fällen zu können? Oder, dass er mit anderen Mitfühlen kann? Kommt jedem Menschen Menschenwürde zu?
Oder sollten wir ganz anders ansetzen und uns fragen, ob wir denn eigentlich mehr sind als unser Neurotransmitter-schiessendes Gehirn und schwankende Hormonspiegel? Was ist denn das menschliche Bewusstsein? Ist der Mensch nun das verletzliche, das freie, das soziale oder das sich selbst erzählende Wesen? Sind wir lediglich Arbeitstiere, die sich aus reiner Notwendigkeit in politischen Gemeinschaften organisiert haben? Wer sind wir und müssen wir denn Menschen sein? Fragen über Fragen reihen sich aneinander und zeigen beispielhaft, wie weit unser Thema "Mensch" reicht. Doch eine, dazu noch sehr berühmte, Frage fehlt noch in der Runde: Ist das ein Mensch? Diese Frage stellt der italienische Jude Primo Levi in seinem 1947 veröffentlichten Buch Ist das ein Mensch? (original it.: Se questo è un uomo). Darin beschreibt er seine Zeit im Konzentrationslager Auschwitz. Levi schreibt in einer solch sachlichen Sprache, die vordergründig nicht so recht zu den grauenhaften Geschehnissen in Auschwitz passen will. Und dennoch, seine nüchternen Schilderungen des Lebens und Sterbens im Lager treffen den Leser mit voller Wucht. Mensch ist, knapp gesagt, wer tötet, wer Unrecht zufügt oder Unrecht erleidet. Zudem erfährt man in Levis autobiographischem Bericht, wie jemand sei, der kein Mensch mehr ist. Levi schrieb dieses Buch nicht, um neue Anschuldigungen vorzubringen, sondern es soll als Dokument zum Studium einiger zentraler Aspekte des menschlichen Seelenlebens dienen. Da draussen also, an der äussersten Grenze des Menschseins und in solch menschlichen Untiefen, finden wir die Antworten zu wer oder was ein Mensch ist? Muss der Mensch die Menschlichkeit erst zerstören, bevor er endlich begreift, was sie eigentlich ausmacht? Und, darf man in Anbetracht jeglicher Ungeheuerlichkeiten auf unserer Welt überhaupt solch ketzerische Fragen stellen? Was bleibt eigentlich nach dem Projekt "Mensch"? Nach (Selbst-) Reflexion, nach erhoffter Erleuchtung, gedanklicher Horizonterweiterung und nach existentiell ernsten Gesichtsausdrücken. Fragen über Fragen. Was bleibt ist unsere menschliche Fragerei.
Blogbeiträge zum Thema Mensch
- Die Bedeutung der Selfies für deine eigene Identität, Franziska Wettstein, wiss. Mitarbeiterin Philosophie.ch
- Der Untergang der Menschheit?, Stefan Schmitt, Zeit online
- Von Menschen und anderen Tieren, Martin Böhnert, Universität Kassel
- "Der Mensch wird unter Menschen ein Mensch", Dr. Silvan Imhof, Universität Fribourg / Universität Zürich
- Troxler und seine Philosophie des ganzen Menschen. Auf der Suche nach der Mitte, NZZ Artikel von
- Was ist der Mensch?, Prof. Rafael Ferber, Universität Zürich, Teil 2
- Wein. Macht. Sein: Was uns wirklich reifen lässt, Dr. Alexandra Hildebrandt,
- Angry Young Men | Gerechte Wut?, Prof. Dr. Christian Neuhäuser, TU Dortmund
- Mensch und Maschine: die humanoiden Roboter kommen, Sahra Styger, Philosophie.ch
- Diskussion: Meschliche Schönheit
- Der flexibilisierte Mensch: oder: Macht der Kapitalismus krank?, Reinhard Schulz, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
- Menschenskind!, Tommaso Manzin, Journalist, Publizist und Ghostwriter, Teil 2
- Menschenskind!, Tommaso Manzin, Journalist, Publizist und Ghostwriter, Teil 1
- Wesen der Verbundenheit, Dr. Christoph Quarch, Philosoph, Autor, Vortragender und Coach
- Selbsttötung - Grenzsituation und Ambivalenz der Freiheit, Prof. Dr. Matthias Bormuth, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
- "Was ist der Mensch?" Antworten der Frühen Neuzeit, Dr. Angelika Bönker-Vallon, Universität Kassel
- Die Endlichkeit des Menschen - Altern und intergenerationelle Solidarität, Prof. Dr. Thomas Rentsch, Technische Universität Dresden
- Was sind wir? Über Möglichkeiten und Grenzen einer Wesensdefinition des Menschen, Paola L. Coriando, Universität Innsbruck
- ‚Die menschliche Familie’: Ideale und Relitäten, Dr. Vanessa Rampton, ETH Zürich
- Sich selbst erzählen. Die Grundidee von Konzeptionen narrativer Identität, Dr. Almut Kristine v. Wedelstaedt, Universität Bielefeld
- Menschen sind kein kosmischer Zufall, Prof. Anton Friedrich Koch, Universität Heidelberg
- Leiden und Tod: neue Bedingungen der klassischen existentiellen Fragen, Dr. Noelia Bueno-Gómez, Institut für Philosophie Universität Innsbruck
- Menschliche Schönheit, Interview mit Dr. Lisa Schmalzried, Universität Luzern
- Die Natur des Menschen - Moderne Wissenschaft und griechisch-abendländische Tradition, Karlheinz Nusser, a. o. Prof. am Department der LMU München
- Der Mensch und sein Kultur schaffender Geist, Prof. Dr. Kazimierz Rynkiewicz, Philosophie-Department LMU München
- Bauplan für ein entschleunigtes Leben, Dr. Alexandra Hildebrandt, Publizistin und Nachhaltigkeitsexpertin
- "Was ist der Mensch?" - eine Erinnerung an den Schweizer Philosophen und Psychologen Wilhelm Keller, Prof. Rafael Ferber, Universität Zürich
- Durch mich selbst zur Identität?, Prof. Dr. Kristina Musholt, Universität Leipzig
- Der Mensch zwischen Sprache und Mysterium, Julian Chalabi, Universitäten Zürich und Wien
- 20 mittelalterliche Thesen über den Menschen und 40 Fragen dazu, Dr. Guy Guldentops, Universität zu Köln
- Was es heisst, den Menschen als ein nicht festgestelltes Tier zu begreiffen?, Prof. Dr. Georg W. Bertram, Freie Universität Berlin
- Muss ich ein Mensch sein?, Dr. Jens Kipper, Universität zu Köln
- Was ist der Mensch?, Prof. Birgit Recki, Universität Hamburg
- Der Mensch. Das Wesen, das im Fliegen eine warme Mahlzeit zu sich nehmen kann, Prof. Hans-Johann Glock, Universität Zürich
- Zwischenwesen Mensch, Prof. Dr. Reinhard Schulz, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
- Der Mensch als verletzliches Wesen, Dr. Magdalena Hoffmann, Universität Luzern
- Mensch und Tier, Prof. Michael Hampe, ETH Zürich
- Was es heisst, ein Mensch zu sein, Dr. Alexandra Hildebrandt,
- Was ist der Mensch?, Dr. Christian Steiner, Universität Basel
- Die Frage "Was ist der Mensch?", Prof. Dieter Teichert, Universität Luzern
- Darwin und das Studium der Entstehung und der Natur des Menschen, Dr. Rebekka Hufendiek, Universität Basel
- Beseelter Leib? Beleibte Seele? Oder: Warum der Mensch ein Rätsel ist, Philipp Bucher, Universität Luzern
- Das natürliche Problem des Bewusstseins, Pietro Snider und Michael O’Leary, Universität Basel
- Mensch und Menschenwürde, Sebastian Muders, Universität Zürich
- Menschlichkeit als moralischer Imperativ?, Lukas Naegeli, Dokt. Universität Zürich
- Wer sind wir?, Prof. Anton Hügli, Universität Basel
- Der Mensch - ein Haufen Modi?, Sofiya Miroshnyk, Universität Luzern
- Darf man für seine Selbsverwirklichung zum Egoist werden?, Satoshi Ishigami, Dokt. Universität Basel
- Die Endlichkeit des eigenen Lebens, Dr. Dr. Norman Sieroka, ETH Zürich
- Was ist der Mensch?, Prof. Rafael Ferber, Universität Zürich, Teil 1
- Der Mensch in mir, Vanessa Ruar, Universität Luzern
- "Die Entwertung des Menschen - Eine Theorie der Anerkennung", Dominic Koplenig, Universität Innsbruck
- Mensch, Prof. Annemarie Pieper, Universität Basel
- «Der Mensch ist die Krone der Schöpfung», Interview mit Philipp Ruch, NZZ am Sonntag
- Die Gedanken sind frei – vorläufig noch, Alexandra Tiefenbacher, ETH Zürich
- Die Sinne des Lebens, Michael Wiederkehr, Universität Fribourg
Podium Menschliche Schönheit
Rückschau zur Podiumsdiskussion am 26. Mai 2016 in Bern
Podcast zur Podiumsdiskussion:
Podcast zur Fragerunde:
Am 26. Mai diskutierten Dr. Lisa Schmalzried (Universität Luzern) und Dr. Mario Kaiser (Universität Basel), was es alles mit der allgegenwärtig thematisierten Schönheit des Menschen auf sich hat. Die Moderatorin Dr. Olivia Bosshart begann die Podiumsdiskussion mit der Frage, ob es sich beim Thema „Schönheit“, um die äussere Erscheinung handelt oder, um die Gesamterscheinung eines Menschen.
Was ist also gemeint, wenn man von menschlicher Schönheit spricht? Lisa Schmalzried antwortete: „Die Frage lässt sich auf drei Arten beantworten. Eine Möglichkeit zu sagen „das ist eine schöne Frau“, meint, dass ihr Körper und ihr physisches Erscheinungsbild schön ist. Das ist das gängige Verständnis, welches uns auch durch die Medien vermittelt wird. Eine andere Möglichkeit, welche eher auf Platon und die Antike zurück geht, ist zu sagen, das die physische Schönheit das Eine und die innere Schönheit das Andere ist. Also die Schönheit des Charakters und des Geistes einer Person. Die dritte Sichtweise sagt hingegen, dass das Bestimmen von „Schönheit“ gar nicht so einfach ist. Weil, wenn wir von menschlicher Schönheit sprechen, dann reden wir von der Schönheit des sinnlich wahrgenommenen Erscheinungsbildes, welches aber beeinflusst ist von der Gestik, Mimik und somit vom Ausdruck des Charakters einer Person.“
Im Weiteren wurden auch folgende Fragen diskutiert: Wessen Wahrnehmung ist massgeblich, wird individuell und subjektiv oder gesellschaftlich bestimmt, wer als schön gilt? Was sagt die Attraktivitätsforschung zu den Kriterien von unseren Schönheitsidealen? Ist Schönheit etwas Gegebenes oder etwas zu Erreichendes? Beeinflusst der technologische Fortschritt unser Schönheitsideal?
Reihe im Tages-Anzeiger
Im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Tages-Anzeiger und Philosophie.ch wurden im Juli 2016 folgende Beiträge rund um das Thema menschliche Schönheit publiziert:
- Kann menschliche Schönheit auf dem Operationstisch entstehen?
- Dr. Sebastian Muders im Tages-Anzeiger am 18.07.16
- Macht mich mein Selfie schöner?
- Franziska Wettstein im Tages-Anzeiger am 19.07.16
- Wie krank ist unser Körper wirklich?
- Dr. Sabine Baier im Tages-Anzeiger am 20.07.16
- Selbstbewusstsein und Selbstwissen
- Prof. Dr. Gianfranco Soldati im Tages-Anzeiger am 21.07.16
- Wann hat ein Mensch Charisma?
- Dr. Lisa Schmalzried im Tages-Anzeiger am 22.07.16
- Sich selbst erzählen
- Dr. Almut Christine von Wedelstaedt im Tages-Anzeiger am 26.07.16
- Warum ist der moderne Mensch dem Kult der Hässlichkeit verfallen?
- Susanne Schmieden im Tages-Anzeiger am 26.07.16
- Lieber künstlich schön als natürlich hässlich?
- Dr. Dr. Manuel Trachsel im Tages-Anzeiger am 27.07.16
- Wann ist Mathematik schön?
- Prof. Dr. Dr. Claus Beisbart im Tages-Anzeiger am 28.07.16
- "… heisst sterben lernen"
- Prof. Norman Sieroka im Tages-Anzeiger am 29.07.16