Abschiedsbrief

Ein abgewiesener Asylsuchender aus Tibet verabschiedet sich in einem Brief von Unterstützer:innen und berichtet von der verzweifelten Situation, in welcher sich er und viele seiner Landleute in der Schweiz wiederfinden.

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    Liebe Damen und Herren


    Ich hoffe, es geht Ihnen allen gut und heute möchte ich Ihnen etwas aus tiefstem Herzen sagen. Sie haben alle Ihr Bestes getan, um uns (Abgewiesene Tibeter/Tibeter’innen in der Schweiz) bei der Regularisierung/Legalisierung unseres Status zu helfen. Ich habe gehört, dass es für Personen ohne Identitätsnachweis kaum eine Chance gibt, die Bewilligung zu erhalten. Das SEM oder die Schweizer Regierung haben uns gezwungen, einen Identitätsnachweis vorzulegen, was für viele von uns unmöglich ist, und sie haben nur den Fall derjenigen untersucht, die einen Identitätsnachweis aus Nepal/Indien usw. erhalten haben. Die Regierung verallgemeinert uns alle gleich, was definitiv nicht die richtige Lösung ist. Ich habe einige Personen aus dem gleichen Fall wie ich ohne Identität zur Härtefall befragt, nun musste ich feststellen, dass ich trotz vieler notwendiger und anspruchsberechtigter Unterlagen dennoch keine Möglichkeit sehe, den positiven Bescheid zu erlangen. Also habe ich mich entschieden, meinen Härtefallgesuch abzulehnen und mich auf die freiwillige Ausreise zu konzentrieren.

    Ich bin über 40 und habe keine eigene Familie. In den letzten Monaten habe ich mir mehr Sorgen um meine Single-Haube gemacht als um meinen Status. Mehr als acht Jahre Hoffnung ist nicht ungeduldig. Es besteht die Gefahr des Identitätsverlustes in der Gesellschaft. Es gibt ein Sprichwort: Wenn sich eine Tür schließt, dann öffnet Gott 9 andere Türen, also gehe ich durch eine geöffnete Tür, um die Identität meines Lebens und meiner Familie zu suchen.

    Wenn ich das Land nicht im Frühsommer verlasse, dann kann es im Winter an manchen neuen Orten zu vielen Problemen kommen. Also wollte ich Ihnen alle informieren, bevor ich das Land verlasse, sonst würde ich es sehr bedauern, dass ich Ihnen nicht allen gedankt habe.

    Ich werde Ihre Hilfe und Unterstützung während meiner schwierigen Tage in der Schweiz nie vergessen. Unter Ihrer Anleitung habe ich viel gelernt und erlebt. Ich hoffe, Sie helfen und unterstützen unseren anderen tibetischen Kollegen hier in der Schweiz, die viele Schwierigkeiten und Unsicherheiten im Leben durchgemacht haben. Mögen sie einen bestimmten Notwendigkeitsstatus erreichen.

    Ich hatte große Hoffnungen, dass die Schweiz mich beschützen würde. Bevor ich in dieses Land kam, wusste ich nicht, dass es in den Schweizer Asylverfahren und -gesetzen verschiedene Möglichkeiten, Status, Erleichterungen und sogar Glückssysteme gibt. In diesen achteinhalb Jahren in der Schweiz habe ich viele Erinnerungen, Erfahrungen und Herausforderungen etc.

    Ich danke Ihnen noch für Ihre helfen.

     

    Liebe Grüsse